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Rede Mathias Beck, Galerie Beck - Lissy Theissen

Rede von Mathias Beck zur Eröffnung der Ausstellung in Homburg/Saar am 08.03.2008

Mathias Beck

Einführungsrede zur Ausstellung in der Galerie M. Beck, Homburg (Saar), 08.03.2008

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

ich begrüße Sie recht herzlich zur Eröffnung unserer März-Ausstellungen.

Ganz herzlich begrüßen möchte ich gleich vorab Frau Doris, die sich als Abgeordnete im Europa-Parlament nicht nur unglaublich verdient gemacht hat um die Staaten Ex-Jugoslawiens und des Balkans, sondern die auch die drei Künstler, die wir unter dem Titel „Together! Paving the way to the European Union“ ausstellen, zusammengeführt hat, und die so freundlich ist, als Schirmherrin dieser Wanderausstellung zur Verfügung zu stehen.

Im vergangenen Monat ist „Together!“ auf Initiative von Frau Doris Pack hin mit großem Erfolg im Europa-Parlament in Brüssel gezeigt worden.
Liebe Doris, dafür noch einmal auch von uns, Susanna und mir, aber sicher auch von den drei Künstlern herzlichen Dank!
 
Ich möchte Ihnen kurz die ausstellenden Künstlerinnen und Künstler in der Reihenfolge vorstellen, in der Sie, meine Damen ihre Arbeiten beim Durchwandern der Ausstellungen angetroffen haben. Sollten Sie noch nicht gewandert sein, behalten Sie es für sich! Nehmen Sie sich dann vor, nach dem offiziellen Teil tapfer durchzugehen, ja? Ich gebe Ihnen dazu die Aufbauzeiten an die Hand, die diese Athletinnen und Athleten erzielt haben.

Unser Klaus, unser Pressedeutschschreiber und Verfasser unserer Pressemitteilungen, von dem ich Ihnen hier schon öfter erzählt habe, hat mich wieder vorwurfsvoll angeschrieben, warum da jetzt kein Geburtsdatum in meinen Vorgaben für seinen Text steht? Das wüsste ich doch, dass er das braucht. Für den Human touch.
„Da kann man sich doch gar kein Bild von dem Menschen machen, wenn man nur den Arbeiten begegnet! Da weiß man doch gar nicht, ob das nur halbstarkes Rumkraftgemeiere ist einer 16jährigen, oder ob das ein Mensch mit Lebenserfahrung ist, der weiß, was er tut! - Hmmh, eitel, eitel! Lieber Mathias, wenn das so weiter geht, setze ich die regelmäßig auf das Nulldatum im PC: Geburtsjahr 1900!“

Claudia Bäcker-Kirmse, deren bemalte Betonplastik für diese Ausstellung unsere Eingangstür bewacht, lebt in Lüdenscheid und ist 1900 geboren. Ich habe sie nicht nach dem Geburtsjahr gefragt, weil ich vermutete, dass das in Lüdenscheid alle so tun. Dafür baut sie aber flott auf, und wenn ich etwas anderes vorschlage, schleppt sie mit der Hilfe von Ilka, der lieben Freundin von Chris Urbansky, Betonplastiken und Sockel selbst durch die Galerie, während wir Männer bloß glotzen und wichtig aussehen. Gemessene 60 Minuten.
Hallo Ilka, Gruß an Dich, eine echte Bank!

Lissy Theissen, deren starkfarbige, offensive Malerei wir im foyer zeigen, ist in Bonn geboren. Und meine Vermutung, dass das nur die Lüdenscheider tun, Daten nicht anzuführen, die unser Klaus unbedingt braucht, ist geplatzt, weil sie auch 1900 geboren ist.
Was aber nicht stimmt, denn unser Klaus wird selbst grimmig investigativ, wenn man ihn reizt, und er hat beim Nachspüren Lissy Theissens die Information gefunden, dass Sie 1950 geboren ist, für eine Künstlerin, die so kraftvoll und dennoch kalkuliert mit der Farbe umgeht, das perfekte Alter. Dafür baut sie spät auf, aber dafür auch rasend schnell, und ganz alleine mit Ihrem ebenso netten und Lebenslust versprühenden Mann. Geschätzte 45 Minuten.
Herr Dr. Theissen, ebenfalls noch einmal herzlich begrüßt.

Tomislav Buntak, geboren 1971 in Zagreb in Kroatien hat bisher im Westen ein paar Beteiligungen an Gruppenausstellungen – und zwar in Wien – aufzuweisen. In Kroatien ist er ein bekannter Künstler, der bisher auch Leiter einer öffentlichen städtischen Galerie und eines Kulturzentrums ist, demnächst aber an die Akademie wechseln wird, nachdem ihm gerade der erste Lehrvertrag angeboten worden ist. Er wurde – ein hoch offizieller Vorgang - vom kroatischen Kultusministerium zur Teilnahme an dieser Ausstellungsreihe „Together!“ ausgewählt.
Er braucht am längsten zum Aufbauen. Vier Bilder in einem halben Tag.

Über den Studenten Henri Dimo aus Albanien werden Sie zB im Internet noch wenig finden, ein paar Einträge im Zusammenhang mit dieser Ausstellung, ein paar Listen über Preise und Prüfungen, die er in seinem laufenden Studium äußerst erfolgreich absolviert hat. Er ist siebzehn Jahre alt, geboren 1990 – und damit eigentlich zu jung für eine Ausstellung in einer Galerie, aber auf der anderen Seite ist er jetzt schon ein viel zu guter Maler, um ihn in der Kinderecke abzustellen. Deshalb auch ist er für diese Ausstellungsreihe einstimmig von allen Kunstprofessoren der Akademie in Tirana bestimmt worden.
Da er noch minderjährig ist, begleitet ihn sein liebenswürdiger Vater Kristo. Er hat nicht aufgebaut, weil die beiden heute erst in Frankfurt gelandet und dann gleich hierhergekommen sind. Echte Null Minuten.
Ciao, Kristo, siami fedeli di aver voi due qui in casa!

Darko Malenica, geboren 1968 in Novi Sad in Serbien war eigentlich der Mittelpunkt dieser Ausstellungsidee, und damit sozusagen gesetzt. Zumal im Moment eine serbische offizielle Unterstützung der Ausstellungsreihe „Together!“ und eines daran beteiligten serbischen Künstlers arg unwahrscheinlich wäre. Darko erzählte, dass er die Teilnahme an der Ausstellungsreihe und vor allem die Ausstellung im Europa-Parlament daheim lieber verschweigt, und zwar auch aus Furcht vor massiven Nachteilen.
Für einige von Ihnen aber ist er nach seinen Ausstellungen hier vor zwei Jahren und der Ausstellung in Luxemburg im vergangenen Jahr ja auch kein Unbekannter mehr.
Dieses Mal hat er seine liebe Frau Marija mitgebracht, von der ich das Geburtsjahr nicht verrate, weil ich das in drei Jahren tun werde, wenn sie selbst hier ausstellen wird, und die ich auch begrüße. Zumal sie ihrem Mann beim Hängen seiner und Henris Bilder äußerst tatkräftig aus dem roten Sessel da zugesehen hat. Ihre Arbeitszeit zwei Stunden.
Marija, you know, you are always very wellcome here together with Darko! – especially now that you exactly know, what it is about the German word “Memme”, when we are describing each other.

Das Geburtsjahr diskret zu unterschlagen, hätte so eine Sache sein können, wie irgendwann nur noch den 29. Geburtstag zu feiern, also eine des Alters und des Alterns. Aber das war es hier dann sicherlich auch nicht, sonst hätte Erich Schmitt ja angegeben, er sei seit längerem 29 Jahre alt, denn er ist mit bald 74 Jahren wohl der Älteste, geboren 1934 in Kaiserslautern, wenn auch in kleiner Runde ein erdiger, aber lustiger Kindskopf, da wird mir Frau Schmitt sicher recht geben, gell?
Dafür baut er aber auch flott auf, wenn ihm Frau Schmitt zur Hand geht. Eineinhalb Stunden in der balcony.
Hallo, Frau Schmitt, wir grüßen Sie!

Chris Urbansky ist ein Weihnachtskind. Das ist ihm wichtig, denn er schreibt nicht bloß das Geburtsjahr 1960 in seine Biographie, sondern auch Monat und Tag, und zwar in Hagen. Was bemerkenswert sein könnte, wenn das etwas mit Lüdenscheid zu tun hätte. Wie der Weihnachtsmann, so scheint auch er zu arbeiten, weil ich nicht mitbekommen habe, wie schnell er war. Er brauchte in der lounge länger als Lissy Theissen, aber weniger als Tomislav.
Dass er darüber hinaus äußerst hilfsbereit ist, habe ich vorhin angemerkt. Dann hilft er nämlich großzügig aus und lässt seine Ilka schleppen.

Wie meistens spricht auch eine Expertin über eine Ausstellung, heute ist es wieder Verena Paul, die ich auch und stets gerne begrüße, und der ich nun gezwungenermaßen und gemäß Absprache das Podium überlasse, damit sie Ihnen und uns etwas über Erich Schmitt und seine Kaleidografien erzählt.


Claudia Bäcker-Kirmse
Im Schaffen von Claudia spielt der Dialog mit der Umwelt und der Kontakt zur unmittelbaren Umgebung in jedweder Form eine zentrale Rolle. "Dialog" heißt daher auch der Titel unserer Ausstellung, die eine kleine Auswahl ihrer Betonarbeiten präsentiert. Von Hand aus Beton modelliert, unter Hinzufügen anderen Materials gefertigt, sollen diese stets auch Charakterspiegelbilder der mit ihnen in Dialog tretenden Betrachter sein. Gleichzeitig sind die Arbeiten Begleiter und Abbilder jenes, wie sie selbst sagt, "kleinen Augenblicks, der den Betrachter zurück führt auf ein Werk, das ihn in irgendeiner Art und Weise anspricht, um es noch näher zu betrachten - oder in seiner Vorstellung irgendwo hinführt". Insofern nehmen ihre Plastiken die Funktion von Wegweisern ein, die über ihren formalen Mittelpunkt hinaus eine offene, auf individuelle Intuition beruhende Richtungsänderung einräumen. "Jeder hat", wie Claudia Bäcker-Kirmse es darlegt, "seine eigene Melodie oder ‚Gedanken‘ – Gedanken kreiseln, bewegen sich in unseren Köpfen, aber einer überwiegt immer, es ist der Gedanke , der uns vordergründig erscheint, … der uns nicht loslässt - bis zur Er-Lösung …". Dieses betonen des formalen Mittelpunktes und die Möglichkeit zu Zierrat und Richtungsänderung sei am Beispiel der kleinen Melody-Arbeit hier vorne an der Couch illustriert.

Lissy Theissen
Ihre Leidenschaft gehört dem kolorierten Licht, ihre künstlerisches Augenmerk dabei dem Transformieren "von Geträumtem, Gespürtem, Gefragtem in Farben und Formen, die immer als Metapher zu sehen sind". Vor diesem Hintergrund begreift sie ihr experimentell beeinflusstes Werk als Mittel, um Eindrücken und Gedanken - sprich: dem Inneren - Gestalt - sprich: ein Äußeres – zu verleihen. "Bei diesem spirituellen Akt", beschreibt Lissy Theissen selbst den damit verbundenen Werkprozess, "hat die Ratio zu schweigen, unser logisch-konvergentes Denken, und muss dem bildhaften, symbolträchtigen archaischen Wissen, das wir alle in uns tragen, weichen." Ihre kraftvollen Arbeiten bezeichnet sie demnach folgerichtig als "Erlebnislandschaften", in denen sich aus einem universellen Kontext heraus erfasste Motive und deren ans Meditative grenzende Übertragung zu "Konjugationen der Sehnsucht" verdichten. Eine besondere Bedeutung kommt dabei den Titeln ihrer Arbeiten zu, die dem Betrachter gleichsam als Schlüssel zu ihrer Malerei dienen: zu einer Malerei, in denen stets auch die Frage gestellt wird, inwieweit Kunst die Gesellschaft prägt – und wie sie den einzelnen Menschen verändern kann.

Chris Urbansky
In seinem Werk bilden "der Raum" und "das Ich" zentrale Pole. Dabei entsteht die Formung einer Persönlichkeit aus der Begrenztheit von Erfahrungen und erlebten Verwirrungen. Wie dauerhaft aber ist dieses "Ich" - und wie dauerhaft soll, darf, kann es überhaupt sein? Diesen Fragen sollen Sie nachher in der Ausstellung "ichvomich" selbst nachgehen. Chris eröffnet dabei hinter Pigmentoberflächen und formalen Ebenen eine zweite, aus der unmittelbaren Wahrnehmung heraus entstehende Wirklichkeit. Auf diese Weise begegnen sich im Farbraum seiner handwerklich bestechend gemalten Arbeiten das "Ich" - oder besser gesagt: "die Ichs" - des Künstlers und Ihre Ichs, die von Betrachtern, erweitern sich Chris Urbanskys Bilder somit zu temporär bezogenen Seelenspiegeln.

„Together! Paving the way to the European Union“, wobei wir im Titel für die Ausstellung hier den politischen Impetus weggelassen haben. Und reicht es privat.

Seit jeher nimmt der Balkan eine Sonderstellung zwischen Ost und West, Nord und Süd ein. Unter diesem Titel "TOGETHER" – auf deutsch: "Zusammen" – begegnen Ihnen nun mit dem Serben Darko Malenica, dem Albaner Henri Dimo und dem Kroaten Tomislav Buntak bei uns drei Maler, die ihre Herkunft eint und zugleich trennt.
Wenige Wochen nachdem diese außergewöhnliche Gemeinschaftsausstellung im Brüsseler Europa-Parlament erstmals gezeigt wurde, eröffnen sich uns hier ungewöhnliche Begegnungen mit unterschiedlichen Positionen der zeitgenössischen, von Aufbruch und Umbruch geprägten Kunst Südosteuropas.

Das Bemerkenswerte daran ist, dass alle drei Maler – ungeachtet ihrer Herkunft – nicht nur eine persönliche Geschichte haben, die sie in ihren Bildern thematisieren, sondern auch Träger, Formulierer und Bewahrer des kollektiven Gedächtnisses ihrer Völker sind. Insofern offenbart sich hinter jedem ihrer Bilder auch eine politisch-historische Aussage – ein Kunst gewordenes Manifest.
So wirken die großformatigen Bilder von Tomislav Buntak wie idyllische Sittengemälde der Renaissance, auf denen Menschen – in einer seltsamen Friedfertigkeit befangen – gleichsam im Raum aufgestellt erscheinen. Nähert man sich jedoch diesen Bildern, bemerkt man, dass jene Menschen von Toten umringt sind, von Gefolterten und Massakrierten. Seine Titelgebung, das Beschwören von Heiligen und Glaubensdingen, soll eigentlich den Anklang an die Renaissance verstärken, während es gleichzeitig in die Irre führen könnte. Tomislav ist ein intellektueller Maler. So einer darf das.

Hell und Dunkel, Licht und Schattenwelt prägen auch die Arbeiten Henri Dimos. Henri malt Geschichten von Monstern, die die Welt zerstören, aber auch Bilder, die von der Leichtigkeit des Malens handeln.
Viel lässt sich über seine Arbeit noch nicht sagen, vieles noch geprägt vom Ausprobieren von Positionen, Themen, Stellungnahme dazu. Ganz altersgemäß. Was sich aber sagen lässt, ist, das Henri Dimo ein ganz großer werden kann.

Darko Malenica kennen Sie, wie gesagt schon, und er ist – bezogen auf sein Alter und auf Serbien – schon ein Großer. Seine metaphysisch bestimmten Traumwelten behandeln die "serbische Dramatik" in Form prägnanter, in altmeisterlicher Lasurtechnik gefertigter Gemälde. Bewusst an die großen Utopien der Moderne erinnernd, erzählen Malenicas Bilder einerseits von wundersam anmutenden Reisen durch die menschliche Seele - um andererseits als "philosophische Momentaufnahmen" konkrete Fragen nach dem Wesenszustand Europas zu stellen.

Vereint und doch nicht eins, von einem Leitgedanken inspiriert und doch höchst individuell, drückt sich in den Bildwelten Darko Malenicas, Henri Dimos und Tomislav Buntaks somit das innere Wesen des Balkans aus.

Ich darf mich einmal selbst zitieren, weil ich mich in unserer Pressemitteilung von unserem Klaus zitiert finde, allerdings war mein Originalsatz ganz und gar gedämpft und pessimistisch gestimmt. Ich finde aber die Auffassung von unserem Klaus viel besser als meine frühere, und zitiere aus unserer Pressemitteilung zur Ausstellung „Together!“ ein Zitat, das keines ist.

"Allen drei Künstlern gleich", so Ausstellungskurator Mathias Beck, "ist ihr Drang nach Veränderung nicht zuletzt der politisch-historischen Situation. Und dabei müssen wir sie unterstützen".

Diese fünf Ausstellungen inhaltlich zusammenhaltend taugt, denke ich, das von uns vorgestellte Metathema:
Strategien der Bewältigung von Kraft und / oder von Ohnmacht | z.B. Sehen als Macht, ähnlich der Heisenberg'schen Unschärferelation.
Ich möchte Ihnen jetzt Gelegenheit geben, auch diesen jetzt nur angezeigten Aspekt im Begehen der Ausstellungsräume und Betrachten der Kunstwerke in Augenschein zu nehmen.