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Rede Dr. Evelyn Brockhoff, Eschborn 2000 - Lissy Theissen

 Dr. Evelyn Brockhoff, Kunsthistorikerin

Vernissage der Ausstellung von Lissy Theissen

„Traumpfade“, 24.11.2000 in der Tagesklinik Am Brand, Mainz

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

ich habe mich sehr über die Einladung gefreut, heute erneut anläßlich einer Ausstellung von Lissy Theissen sprechen zu dürfen. Ich will versuchen, Ihnen die Künstlerin und ihr Werk etwas näher zu bringen. Ob es mir gelingt, werden Sie anschließend selbst beurteilen.

Vor einem Jahr hatte ich bereits die Gelegenheit, anläßlich der Ausstellung „Fußspuren – oder weit wie das Meer“ in Frankfurt über Lissy Theissen sprechen zu dürfen. Damals sagte ich auf Anfrage spontan zu, etwas über die inzwischen bekannte Frankfurter Künstlerin zu sagen. In diesem Jahr habe gleichfalls spontan zugesagt, muß nun allerdings meine Rede vortragen lassen, da ich nach einer schwierigen Operation noch nicht soweit genesen bin, daß ich persönlich hier vor Ihnen stehen könnte.

Ich spreche gerne über Frankfurter Künstler und Kunst in Frankfurt, habe ich doch als Kunsthistorikerin durch meine langjährige Arbeit in der Frankfurter Kultur- und Kunstszene tiefen Einblick in das, was in und um Frankfurt läuft.

Was habe ich gemeint, als ich Lissy Theissen als Frankfurter Künstlerin bezeichnete, obwohl sie doch in Friedrichsdorf im Taunus wohnt und im Spessart arbeitet? Ursprünglich stammt sie aus Bonn, wurde dort geboren und ist in der damaligen Bundeshauptstadt aufgewachsen, ging dort zur Schule, studierte dort Germanistik, Biologie und katholische Theologie und absolvierte dort ihr erstes und zweites Staatsexamen. Sie begann in Bonn ihre Lehrtätigkeit, bevor sie nach Mönchengladbach ging und schließlich 1987 ihrem Mann nach Frankfurt folgte. Dort unterrichtet sie seitdem in ihren Lehrfächern und ihr Neigungsfach Kunst.

Die Neigung zur Kunst wurde ihr quasi in die Wiege gelegt. Als Kind des Bildhauers und Kunstmalers Jean Küppers wurde ihr Interesse für die Kunst früh geweckt. Regelmäßige Gespräche über Kunst im gesamten Verwandtenkreis (der Onkel war Mitinhaber eines bekannten Bonner Auktionshauses) taten ein Übriges.

Mit zeitgenössischer Kunst begann sie sich intensiv in ihrer Mönchengladbacher Zeit (1980 bis 1987) auseinander zu setzen. Im 1982 eröffneten Museum Abteiberg fand eine ständige Konfrontation mit zeitgenössischen Kunstströmungen statt. Die persönliche Bekanntschaft mit Künstlern wie Günther Uecker und Joseph Beuys förderte die Beschäftigung mit aktuellen künstlerischen Tendenzen und Fragestellungen zusätzlich.

1985 lernte Lissy Theissen die Textilkünstlerin Ulrike Löchler kennen. Diese Begegnung sollte weitreichende Folgen haben. Es entwickelte sich nicht nur eine enge Freundschaft zwischen den beiden Künstlerinnen, sondern Ulrike Löchler eröffnete Lissy Theissen den Zugang zur Malerei auf den unterschiedlichsten Grundstoffen. Bald darauf setzte Lissy Theissen ihre ersten Ideen um und entwickelte ihren eigenen Stil. Über die autodidaktische Weiterbildung erfolgte eine intensive Auseinandersetzung mit psychologischen, religiösen und naturwissenschaftlichen Themen, die Ende der 80er Jahre ihre Umsetzung auf Leinwand stattfinden ließ.

Der Lebenslauf der Künstlerin belegt, daß sie neben ihrer Lehrtätigkeit ständig darum bemüht ist, sich künstlerisch weiterzubilden. Ausbildungen bei dem spanischen Künstler Gustavo Carbo Berthold oder an der Europäischen Kunstakademie in Trier zeigen dies nachdrücklich. 1992 gründete Lissy Theissen zusammen mit Ulrike Löchler und Birgit Schraven die Gruppe „Neuwerdung“, die unter anderem die Hinwendung zum Inneren, als die Quelle der Kraft- und Mutschöpfung, zum zentralen Anliegen von Kunsterfahrung erklärt hat. Den Künstlerinnen ist es ein Anliegen, der modernen Kunst neue Impulse zu geben. Sie wollen, wie Raimon Ruhleder es so schön gesagt hat, die zeitgenössische Kunst aus „dem Tunnel heraus holen“ und die Kunst wieder verstärkt dem „seelischen Erleben des Betrachters öffnen“. Die letzten Worte stammen von Lissy Theissen.

Mit ihren Werken, in denen Farbe ihren Platz hat, wollen die drei Künstlerinnen zugleich den Aufbruch in eine neue Zeit, die von geistigen Inhalten geprägt ist, verdeutlichen. Gerade am Ende des 20. Jahrhunderts, wo allenthalben von Sinnkrise, von Orientierungslosigkeit und geistiger Leere die Rede ist, muß auch die Kunst, so die Auffassung der Künstlerinnen, ihren Beitrag zur Wertfindung leisten.

1993 wurde Lissy Theissen in die internationale Künstlergemeinschaft Ateneu de Cadaqués in Spanien aufgenommen, wo sie auf viele ähnlich gesinnte Künstler traf. Regelmäßig nimmt sie an den vielfältigen Aktivitäten der Sociedad Ateneu teil. Seit 1999 ist Lissy Theissen auch Mitglied im Künstlerkreis Kelkheim im Taunus, der durch zahlreiche spektakuläre Aktionen auf sich aufmerksam machte.

Wie schon angeklungen, ist Lissy Theissen ständig bestrebt, ihre künstlerische Entwicklung voran zu treiben. Ein Rückblick auf ihr Werk, das inzwischen über 260 Bilder und Installationen umfaßt, zeigt, daß sie sich fortwährend mit neuen inhaltlichen Fragestellungen auf unterschiedliche Weise künstlerisch auseinander gesetzt hat. Das hat dazu geführt, daß sie inzwischen ein beachtliches Œuvre aufzuweisen hat. Die zahlreichen Möglichkeiten, in den letzten Jahren in Einzelausstellungen auf ihre Arbeit aufmerksam machen zu dürfen, und die vielen Einladungen zu Gruppenausstellungen im In- und Ausland sind Beweis für ein großes öffentliches Interesse an ihrer Kunst. Viele ihrer Arbeiten befinden sich inzwischen in Privatbesitz oder in öffentlichen Sammlungen. Die ihr damit erwiesene Zustimmung bedeutet für Ansporn zum Weitermachen.

Mit diesen Informationen zur Person der Künstlerin Lissy Theissen möchte ich es bewenden lassen und nun noch versuchen, mich mit einigen Worten dem Werk der Künstlerin anzunähern. Lissy Theissen entwickelt zunächst eine inhaltliche Idee bzw. Fragestellung, die dann bildnerisch durch Material und Farbe umgesetzt wird. Die Auseinandersetzung mit inhaltlichen Fragestellungen ist entweder literarisch fundiert oder basiert auf einem subjektiven Erlebnis. Aus den materiellen und methodischen Möglichkeiten, die bereit liegen, wählt sie spontan und intuitiv aus. Die Frage nach der Technik ist dabei zweitrangig. Jedes Mittel scheint ihr recht, solange es der Notwendigkeit gehorcht, das Innere anschaulich zu erläutern. Sie bezeichnet ihre Bilder selbst als „Erlebnislandschaften“. Es sind Transformationen (Zitat) „von Geträumtem, Gespürtem, Gefragtem in Farben und Formen, die immer als Metapher zu sehen sind“... „Bei diesem spirituellen Akt hat die Ratio zu schweigen, unser logisch-konvergentes Denken, und muß dem bildhaften, symbolträchtigen archaischen Wissen, das wir alle in uns tragen, weichen.“ (Zitatende)

Der Titel eines jeden Bildes ist dabei der Schlüssel zum Einstieg für den Betrachter. Er wird eingeladen, sich der Hektik des Alltags zu entziehen, sich in fast meditativer Versenkung auf Farben und Formen einzulassen. Die sehr lebendige Farbigkeit ihrer Bilder vermag auf die positiven Kräfte und Erfahrungen in einem selbst zu lenken. Die seelischen Erlebnislandschaften müssen daher für Lissy Theissen kraftvolle, farbige und dynamische Bildkompositionen sein. Der Nachvollzug eines Gedankens, eines Gefühls, einer Erfahrung oder eines Erlebnisses über Form und Farbe kennzeichnet für sie eine besondere Form der Kommunikation, die (Zitat) „vielleicht viel direkter abläuft, wenn sie in der Lage ist, in das Innere vorzudringen, und der Seele in uns Raum zu gewähren.“ (Zitatende)

Die Bilder, die im Mittelpunkt der heutigen Ausstellung stehen, veranschaulichen die soeben skizzierte Kunstauffassung sehr deutlich. Die ausgestellten Werke vermitteln einen guten Überblick über das Schaffen der vergangenen Jahre. Es werden nicht nur aktuelle Tendenzen vorgestellt, sondern es ist auch ein Rückblick auf ältere Arbeiten möglich. Unschwer sind hierbei die verschiedenen Phasen im Werk der Künstlerin auszumachen. Und dies entspricht auch ganz ihrem Naturell. Sie experimentiert gerne, will immer neue Wege beschreiten. Das gilt gleichermaßen für die Themenauswahl wie für die verwendete Technik.

Waren die älteren Bilder sehr farbig angelegt, so dominierten in den letzten Jahren die Farbe Grau und erdfarbene Töne. In den jüngsten Arbeiten der Serie „Florida-Impressionen“ bricht die Farbigkeit – getreu den erlebten Impressionen – wieder durch. Handelte es sich bei den älteren Arbeiten vor allem um Gemälde, so wird in jüngerer Zeit der Collage der Vorzug gegeben, Beispiele dafür sind das Titelbild dieser Ausstellung  und z.B. die „Helios-Perspektive“ hier vorne. Diese Collagen sind in der Regel sehr reduziert, sehr streng angelegt. Die Anregung zu den Themen, die verarbeitet werden, und zu den Farben, bekam die Künstlerin vielfach bei ihren Reisen oder durch literarische Erlebnisse.

Daneben finden Sie aber auch in dieser Ausstellung Exemplare verschiedener Bildserien. So hat sich Lissy Theissen mit der Bedeutung der indianischen Chakren und der dort dem jeweiligen Chakra zugeordneten Farbe sowie mit den germanischen Runen und ihrer Bedeutung auseinandergesetzt. Trotz der verschiedenen eingesetzten Techniken, die die Freude der Künstlerin zum Experimentieren zum Ausdruck bringen, bleibt für sie aber der Inhalt ihrer Bilder immer das Wichtigste, dies ist das Prägende ihrer Arbeiten. Und der Inhalt läßt sich leicht über die Titelunterschriften der Bilder erschließen.

Die Ausstellung steht unter dem Titel „Traumpfade“, in Anlehnung an die „Songlines“ der australischen Aborigines. Traumpfade und Träume durchziehen die Auswahl der Bilder zu dieser Ausstellung. Dies paßt zu einer Klinik, in der sich Menschen im Traum erholen. Lassen Sie sich, meine Damen und Herren, von diesen Träumen hier an den Wänden verzaubern.

Lissy Theissen ist gerne bereit, auf Ihre persönlichen Fragen zu den Werken einzugehen. Sie freut sich auf das Gespräch mit Ihnen. Darum lassen Sie mich nun, verehrte Gäste, an dieser Stelle schließen. Wenden Sie nun Ihre Aufmerksamkeit nun ganz den Bildern und Lissy Theissen zu.