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Rede zur Eröffnung der Ausstellung im ARTROOM Düsseldorf 2014 - Lissy Theissen

Rede Lissy Theissen zur Ausstellung „Das Wunder bleibt“

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kunstfreunde,

ich freue mich, Sie alle heute Abend hier zur Vernissage meiner Ausstellung begrüßen zu können.

„Das Wunder bleibt“ – so der Titel dieser Ausstellung.  Was ist das für ein Wunder? Haben Sie Mut? Sind Sie wohlhabend? Dann besitzen Sie auch einen fliegenden Teppich in Ihrem Innern. Neben Sie auf ihm Platz, wir fliegen los in die Unendlichkeit weiter Himmel, über bezaubernden Landschaften, die Sie in Ihrem Leben bisher gesehen und genossen haben.

Hilde Domin gibt uns in ihrem Gedicht „Rufe nicht“ ein paar brauchbare Tipps für unseren Ausflug:

„Lege den Finger auf den Mund.

Rufe nicht.

Bleibe stehen am Wegrand.

Vielleicht solltest du dich hinlegen …

Dann siehst du in den Himmel

Und bist eins mit der Straße, …

Es geht sich leichter fort,

wenn du liegst als wenn du stehst,

wenn du schweigst als wenn du rufst.

Sieh die Wolken ziehen.

Sei bescheiden, halte nichts fest.

Sie lösen sich auf.

Auch du bist sehr leicht. …“

Lassen wir uns ein auf Unendlichkeit, sie passt besser zu uns als unsere Wohnungen und Häuser.

Khalil Gibran, ein libanesischer Schriftsteller hilft uns dabei in seinem Buch „Der Prophet“, wenn er z.B. schreibt: „Ihr sollt eure Flügel nicht zusammenfalten, um durch Türen gelangen zu können, noch den Kopf beugen, damit er nicht gegen eine Decke stoße, … Und wenn auch herrlich und prachtvoll, darf euer Haus nicht der Hüter eures Geheimnisses noch das Obdach eurer Sehnsucht sein. Denn was in euch grenzenlos ist, wohnt im Palast des Himmels, dessen Tür der Morgendunst ist und dessen Fenster die Lieder und die Stille der Nacht sind.“

Welchen frühen Strandmorgen haben Sie z.B. in Erinnerung? Waren Sie alleine oder zu zweit mit dem ganz neuen Morgen am Meer unter dem ganz großen Himmel? Wie haben Sie sich gefühlt? Das Bild „Ein neuer Tag“ versucht diese Atmosphäre einzufangen.

Denken Sie an Sonnenauf- und –Sonnenuntergänge, wo das Rot am Himmel Ihre ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nahm. Sprachen Sie leise im Angesicht dieses Himmelszaubers? Waren Sie verliebt, sehnsüchtig, wehmütig? Erinnern wir uns nicht im Alltag bei einem „einfachen“ Sonnenuntergang ganz kurz an dieses Wohlfühlgefühl?

Ich hoffe, Sie haben wunderbare Erlebnislandschaften im Kopf und im Inneren, alle gespeichert, wie ein Filmstreifen; es sind Ihre Flügel der Unendlichkeit, mit denen Sie jederzeit durch Räume und Zeiten fliegen können, wenn Sie sich die Zeit dafür nehmen. Die Bilder „Flügel der Unendlichkeit“ wollen genau daran erinnern.

Was sind wir doch für Geschöpfe, dass wir tausende von Erlebnislandschaften abspeichern und wieder abrufen können? Mit den dazugehörigen Düften, der Musik und den Worten.

Wie war das eigentlich ganz am Anfang unseres Lebens und unserer Ankunft auf der Erde? Unsere Eltern waren doch nur Staunende vor dem Wunder, das da vor ihnen ausgebreitet wurde. Völlig überfordert in der Sachkenntnis über den Bau unserer Billionen von Synapsen, unserer Herz-, Nieren und Lungenfunktion etc. Und dann das Wunder des Wachstums! Dazu die Sprachentwicklung und die Denkprozesse!

Denken Sie weiter an die Perfektion des Hormonsystems in uns und an die Unendlichkeit der Sonnensysteme! Wo wir im Alltag doch so naiv von unserem Mond, unseren wenigen bekannten Sternen und unserer Sonne reden, die heute „scheint oder nicht“.

Wir sind umgeben von Wundern und prahlen mit unseren Nobelpreisträgern, die aber doch letztlich in der Bionik und allen anderen Wissenschaften nur superfleißige Betrachter und Analysten dessen sind, was sie vorfinden. Sie und wir müssen zugeben, dass wir Geschöpfe sind und nicht Schöpfer! Dazu zur Verdeutlichung ein Beispiel: Was würde geschehen, wenn es morgen früh dunkel bliebe? Wenn wir ab jetzt in einer dauerhaften Sonnenfinsternis leben müssten? Wer könnte uns da noch helfen?

Lassen wir diesen Gedanken schnell fallen und hoffen auf das Sonnenlicht an jedem Tag. Gehen Sie weiter mit mir spazieren in meinen und Ihren Erlebnislandschaften, wie ich meine Bilder bezeichne. „Der Seele in uns Raum gewähren“, das ist mein Motto.

Anregungen für mein Schaffen sind neben dem Studium literarischer, philosophischer und theologischer Lektüre, klassische Musik und persönliche Erlebnisse, besonders Reisen. Von der langen Reise nach China bis in die weite tibetische Hochebene habe ich Ihnen hier die Bilder „Der Gesang der großen Weite“ sowie die Bilder „Wo Gebetsfahnen blühen“ mitgebracht, in denen ich versucht habe, die Seele dieser wunderschönen Landschaft einzufangen. Natürlich ist auch das Gold der buddhistischen Tempel in die Bilder eingeflossen.

Die kleinen Ölbilder „Wo Gebetsfahnen blühen“ gehören auch zum tibetischen Hochland, denn dort flattern tausende bunte Gebetsfahnen im Wind, verzieren die Landschaft wie Blumen und zeigen uns die Sehnsucht von Millionen Menschen nach Transzendenz.

Wie kommen wir eigentlich heil durch diese Welt? Haben wir so etwas wie einen eingebauten Kompass in unserer Seele? Ich glaube ja. Das Bild „Der Innere Kompass“ versucht die Aufmerksamkeit darauf zu lenken. Schlägt der innere Kompass immer da an, wo Schönheit im weitesten Sinne zu finden ist? In der Natur, in der Musik, in der Kunst, in der Sprache? Fragen wir uns einmal, warum in uns allen immer und immer wieder die Sehnsucht nach Glücklichsein steckt. Was auch immer wir tun, es reicht nicht aus, diese Sehnsucht zu stillen. Sie erwacht jeden Tag wieder neu in uns. Vielleicht ist sie der eingebaute Kompass, der uns behilflich sein kann.

Das Bild hier vorne mit dem Titel „Das Geheimnis des Lebens berühren“ beschreibt eine andere Erlebnislandschaft, wie sie in der Wahrheit der Märchen oft zu finden ist. Der Held findet seine Edelsteine nicht auf der Straße, sondern muss oft sehr tief hinabsteigen ins Dunkel, wo diese Edelsteine plötzlich vor ihm auffunkeln. In unserem Leben sind es oft gerade die dunklen Zeiten, in denen wir wirkliche Erkenntnisprozesse vollziehen. Wachsen vollzieht sich im Dunkel und im Licht. Aber das Licht nach dem Dunkel ist dafür auch um so strahlender.

Oder ein anderes Bild, das auch von der Erfahrung des Dunklen zu berichten weiß, in dem aber dann das aufbrechende Licht mit aller Dynamik der Farbe ausbricht, ist das Bild „Der erwachte Traum“ im hinteren Raum. Eine lange Durststrecke, eine Erlebniswüste liegt hinter uns und dann endlich reißt der innere Frühling auf. Da haben wir lange darauf zugelebt und dann wird unser Traum plötzlich wahr. Ein unbeschreibliches Gefühl!

Die vier schmalen länglichen Bilder „Zum Himmel wachsen“ im hinteren Raum sind da thematisch nicht so weit weg. Wege, Umwege, Wachstumsbrüche, aber dennoch alles im großen Prozess unseres Lebens, in dem wir durch alle Schwierigkeiten auch wachsen, zum Himmel wachsen. Die Ehrfurcht vor allem Leben hat sich hier ringsherum das „kleine Schwarze“ umgelegt, um die Kostbarkeit zu betonen.

Als letztes Bild nenne ich exemplarisch das Bild „Die Macht der Poesie“. Anlass zu diesem Bild war ein literarisches Buch, in dem ich u.a. einen winzigen Text von Hugo von Hofmannsthal traf. Er lautet „Eine Flaumfeder kann einen Kieselstein rund schleifen, sofern sie von der Hand der Liebe geführt wird.“

Da war es passiert, die Macht der Poesie, die hier in einem einzigen Satz eine solche Wahrheit auszusprechen vermag, war der Ansporn für mich, ein Gemälde zu gestalten, in dem eine Ahnung beim Betrachter vielleicht anklingen kann, was Literatur in uns anzustellen vermag. Wie heißt es doch, alles Wichtige in der Welt geschieht zuerst im Kopf.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und lade Sie ein, nun nach dem Einblick in meine Ateliergedanken mit den Bildern noch etwas weiter zu reisen. Lassen Sie Ihren Teppich noch etwas weiter schweben und nehmen Sie ein gutes Getränk mit auf Ihre Reise. Vielen Dank.